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DORMAGO

Dormagen hat jetzt Helmut-Schmidt-Platz

26.04.2017 / 23:04 Uhr — duz

Dormagen. Der Marktplatz heißt seit ein paar Stunden Helmut-Schmidt-Platz. Deutschlands ehemaliger Vizekanzler Franz Müntefering und Bürgermeister Erik Lierenfeld mussten aber gegen den hartnäckigen Widerstand der Stoffabdeckung ankämpfen, um dann mit Unterstützung eines städtischen Mitarbeiters den Namenszug frei zu ziehen. Zuvor hatten die beiden Sozialdemokraten an den bedeutenden Staatsmann erinnert, der am 10. November 2015 im Alter von 96 Jahren verstorben ist. Es schloss sich in der Stadtbibliothek eine informative Lesung an. Über die Textauswahl hinaus steuerten Müntefering, Lierenfeld und Dormagens ehemaliger Bürgermeister Heinz Hilgers Antworten auf die Fragen von Moderatorin Birgit Wilms bei. Weil Helmut Schmidt Labskaus mochte und mitunter auch Staatsgästen anbot, durften die Teilnehmer der "Platz-Taufe" heute Abend dieses von der Fleischerei Lorenz aus Hackenbroich gelieferte Essen probieren. Es schmeckte prima.

"Wir gehören bundesweit zu den ersten Städten, die eine Straße oder einen Platz nach Helmut Schmidt benennen", sprach Erik Lierenfeld vom Beschluss des zuständigen Planungsausschusses vor genau einem Jahr. Aus Pietätsgründen sollte die Namensgebung nicht vor dem ersten Todestag vollzogen werden. Zudem dauerte es etwas, um den Termin mit einem Ehrengast von Format zu vereinbaren. Der Bürgermeister würdigte Schmidt als ein "Muster in Sachen Pflichterfüllung" und gab einige Weisheiten des Hamburgers zum Besten: "Das Schneckentempo ist das normale Tempo der Demokratie" oder auch "Wer nicht redet, der wird nicht gehört". Helmut Schmidt bekam sicher nicht nur Zuspruch, doch er war auf jeden Fall eins, betonte Lierenfeld: "Ein kluger Geist, ein begnadeter, charismatischer Redner und ein Buchautor, der nach dem Ende seiner Kanzlerschaft immer wieder Spitzenplätze auf der Bestsellerliste belegte."

Franz Müntefering zitierte Schmidts Position des "pragmatischen Handelns zu sittlichen Zwecken" und erinnerte an das erste Treffen, das sich besonders eingeprägt hat: "Es endete im lauten Schreien. Von ihm - ich war dazu nicht mehr in der Lage." Als "Münte" mit Frank-Walter Steinmeier zum 90. Geburtstag von Schmidt nach Hamburg fuhr, verständigten sie sich zuvor über ein passendes Geschenk: "Wir fanden Paula Modersohn-Becker geeignet. Ihre Bilder sind meistens so braun und damit beim Rauchen nicht schädlich", war Müntefering selber überrascht, als er dann im Haus von Schmidt "viele Bilder sah, die ganz braun waren." Als Loki 13 Jahre alt war, "hat sie mich zum Rauchen verführt", beschrieb ihr späterer Mann das bis ins hohe Alter bleibende Verhängnis.

Dem Satz von Schmidt "wer Visionen hat soll zum Arzt gehen" erteilte Franz Müntefering eine klare Absage: "Streiten im wirklich guten Sinne, das ist Demokratie." Eine Aussage, die Erik Lierenfeld anschließend in der Stadtbibliothek noch mal aufgriff: "Ich vermisse im Stadtrat oft richtige Debatten, bei denen auf die Aussagen der Vorredner eingegangen wird." Und der Bürgermeister rief dazu auf, Diskussionen in Schulen nicht nur vor Wahlen durchzuführen. Neben den Hauptrednern demonstrierten Johannes Güdelhöfer, Jennifer Lie, Dorothy Gemmecke und Charlotte Rettig von der Musikschule Dormagen ihr Können am Klavier und trugen damit zum Gelingen der Veranstaltung bei.

 

Fotoquelle: duz

Pressefotos
Erik Lierenfeld und Franz Müntefering mussten kräftig ziehen, um den Namenszug vom Stoff zu befreien
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Franz Müntefering und Erik Lierenfeld vor dem Noch-Marktplatz
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Freude nach der Umbenennung
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Franz Müntefering und Heinz Hilgers lasen unter der Moderation von Birgit Wilms aus Büchern von und über Helmut Schmidt
Franz Müntefering und Heinz Hilgers lasen unter der Moderation von Birgit Wilms aus Büchern von und über Helmut Schmidt
Bürgermeister Erik Lierenfeld vermisst oft richtige Debatten im Stadtrat
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